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Die EU-Kommission plant einen deutlichen Ausbau der Handelsbarrieren für Stahlimporte, um die heimische Industrie vor internationaler Konkurrenz zu schützen. Der zuständige EU-Kommissar Stéphane Séjourné kündigte eine Verdoppelung des Zollsatzes auf 50 Prozent sowie eine nahezu halbierte Importquote für zollfreie Einfuhren an.

Schutzmaßnahmen gegen globale Überkapazitäten

Die Kommission begründet ihren Vorstoß mit weltweiten Überkapazitäten von mehr als 600 Millionen Tonnen Stahl. Diese Situation hat sich durch die jüngste Erhöhung der US-Einfuhrzölle verschärft, da die Befürchtung besteht, dass bislang nach Nordamerika exportierter Stahl nun verstärkt auf den europäischen Markt drängen könnte.

"Es geht darum, die europäischen Stahlproduzenten und Arbeitsplätze zu retten. Das ist die Reindustrialisierung Europas", erklärte Séjourné. Bevor die neuen Regelungen in Kraft treten können, müssen sowohl das Europaparlament als auch die EU-Staaten zustimmen.

Deutsche Stahlindustrie besonders betroffen

Deutschland als größter Stahlproduzent der EU steht unter besonderem Druck. Die heimische Industrie kämpft mit mehreren Herausforderungen gleichzeitig:

  • Nachfragerückgang in Abnehmerbranchen, insbesondere der Automobilindustrie
  • Gestiegene Energiepreise
  • Billigimporte vorwiegend aus China
  • Kosten für die Transformation zu klimafreundlicherer Produktion
  • Hohe US-Zölle auf Stahlexporte

Nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl arbeiten in Deutschland etwa vier Millionen Menschen in stahlintensiven Branchen, davon rund 80.000 direkt in der Stahlindustrie. Die Branche verzeichnete 2024 bereits den zweiten Umsatzrückgang in Folge – minus 5,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr auf 45,3 Milliarden Euro.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat für den Herbst einen "Stahlgipfel" angekündigt, um die Probleme der Branche zu adressieren.

Internationale Handelsbeziehungen im Fokus

Die wichtigsten Stahlimporteure in die EU sind derzeit die Türkei, Südkorea, Indien, Vietnam, China, Japan, Großbritannien und die Ukraine. Mit den geplanten Zollerhöhungen würde sich die EU stärker gegen Importe abschotten – insbesondere gegen China, den mit Abstand größten Stahlproduzenten weltweit.

Die neuen Maßnahmen sollen den derzeit gültigen Schutzmechanismus ablösen, der im Juni 2026 ausläuft, und durch eine dauerhafte Regelung ersetzen.

Breite Zustimmung im EU-Parlament

Aus dem EU-Parlament kommt bereits Unterstützung für die Initiative. Der CDU-Abgeordnete Dennis Radtke spricht von einem "wirksamen Schutz für Europas Industrie". Anna Cavazzini von den Grünen bezeichnete den vorgeschlagenen Stahlmechanismus als "nötig und längst überfällig". Auch der SPD-Handelsexperte Bernd Lange begrüßte den Kommissionsvorschlag als "wichtigen Etappensieg".

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